Matlae-Alfadjr
Es war schon eine Weile her, seit der Amtsenthebung Bani-Sadrs als Kommandant der gesamten Streitkräfte, als die Stärke der irakischen Armee zusammenzubrechen schien. Eine Reihe von Einsätzen im Süden, Westen und Norden des Kriegsgebietes war geplant und am 8. Azarmah wurde die erste große Militäroperation, Tarigh-Alghods durchgeführt. Endlich wurde der Baath-Partei die erste Niederlage aufgezwungen. Die Kommandeure einigten sich darauf, daß der zweite Einsatz im Gilangharb-Gebiet bis hin nach Sarepolezahab erfolgen soll. Daher waren die Observationseinsätze und die Vorbereitung der Streitkräfte schon seit einiger Zeit in vollem Gange. Das Einsatzkommando hatte die Sepah in Gilangharb. Auch alle Mitglieder des Andarzgu-Teams bereiteten sich für den Einsatz vor. Ibrahim war für Beobachtungen im Einsatzgebiet verantwortlich und konnte durch seine Informationen mit einem kurdischen Kriegskameraden in Feindesgebiet eindringen. Innerhalb einer Woche erreichten wir Naftschahr. Ausserdem konnte er gute Landkarten vom Einsatzgebiet erstellen. Schließlich kehrten wir mit vier irakischen Gefangenen zurück.Ibrahim vervollständigte, nachdem er die Gefangenen verhört hatte, seine Informationen und Landkarten. Dann legte er sie in einer Sitzung den Kommandeuren vor. Oberst Ali Jari und Major Zalami vom „Zoulfaghar“-Stab der Armee schlossen sich mit den Streitkräften der Sepah zusammen. Viele der einheimischen Kräfte von Sarepolezahab bis Gilangharb wurden in Brigaden eingeteilt. Die meisten Mitglieder der Andarzgu-Truppe wurden als Verantwortliche für diese Kräfte ausgewählt. Die Kommandeure ernannten Ibrahim in der letzten Sitzung zum Verantwortlichen für die mittlere Front. Bruder Safar Khoschrawan zum Kommandeur des linken Flügels und Bruder Dariusch Rizewandi zum Kommandeur des rechten Flügels. Ziel des Einsatzes war die Säuberung der Stadt Gilan und die Besetzung der Grenzhöhen und der Meeresengen Hajian und Gurak sowie die Grenzwachposten. Das Einsatzgebiet betrug fast 70 km. Vom Stützpunkt kam die Nachricht, daß unmittelbar nach dieser Militäroperation der dritte Angriff im Gebiet Mariwan durchgeführt werden soll. Alles wurde gut organisiert. Die Vorbereitungen waren noch nicht ganz fertig als die Kommandozentrale der Sepah verkündete:“Der Irak hätte sich auf einen großen Angriff zur Rückeroberung von Bostan vorbereitet. Der Einsatz muss sofort gestartet werden, damit Iraks Aufmerksamkeit von der Bostan-Front abgewendet wird. Der nächste Tag, also der 20. Azar 1360, wurde für den Einsatzbeginn bestimmt. Es herrschte eine aufgeregte Stimmung denn Morgen sollte der erste große Einsatz im Westen des Landes beginnen, nichts war vorhersehbar. Der Abschied von den Kameraden war sehr stimmungsvoll. Endlich war der Tag gekommen. Mit dem breit gefächerten Angriff von unterschiedlichen Fronten wurden wichtige und strategische Gebiete befreit. Der Feind feuerte wie verrückt. Manche der Brigaden konnten die Schiaku-Höhen erreichen. Der Feind wusste, daß die Niederlage in Schiaku, das Verlieren der irakischen Stadt „Khaefin“ bedeutete. Daher schickten sie sehr viele Streitkräfte in dieses Gebiet. Um Mitternacht teilte man durch das Funkgerät mit:“ Hassan Balasch, Jamal Tajik haben mitsamt ihren Streitkräften die Schiaku Höhen erreicht und Hilfe angefordert. Sekunden später rief Ibrahim an und sagte:“ Die Höhen von Anar sind befreit worden, nur an einer Front besteht noch heftiger Widerstand und wir haben nicht genug Soldaten“. Ich sagte zu Ibrahim:“ Noch vor der Morgendämmerung werden wir uns euch mit unseren Streitkräften anschließen. Besprecht es mit den Kommandeuren der Sepah und versucht auf irgendeine Weise den noch nicht eingenommenen Hügel zu befreien. Mit einer Brigade bewegten wir uns in Richtung der mitteleren Front. Auf dem Weg teilte uns die Kommandozentrale der Sepah mit:“ Der Feind hat den Angriff auf Bostan aufgegeben, hat aber die meisten seiner Streitkräfte an eure Front verlegt. Leistet Widerstand, Inschallah wird die Sepah von Mariwan unter der Führung von Hadj Ahmad Motewaselian den nächsten Einsatz in kürzester Zeit beginnen“. Ausserdem bedankten sie sich wegen der guten Zusammenarbeit und sagten:“Den Nachrichten zufolge hat die irakische Armee an eurer Front schwere Verluste hinnehmen müssen. Als der Tag anbrach verrichteten wir unser Morgengebet. Noch hatten wir das Gebiet Anar nicht erreicht da erhielten wir die Nachricht vom Tode Gholam Ali Pichak, der an der Gilangharb-Front Märtyrer geworden war. Sobald wir die Anar-Höhen erreicht hatten, kam einer der Soldaten zu mir gelaufen und sagte:“ Hadj Hossein, weißt du, daß Ibrahim getroffen wurder? Ich fing an zu zittern und sagte:“ Was ist passiert? Er antwortete:“ Er hat eine Kugel im Hals.” Ich wurde blass und mir wurde heiß. Unbewußt rannte ich zu den gegenüberliegenden Gräben. Dabei kamen all die Erinnerungen, die ich mit Ibrahim hatte, bei mir hoch. Ich betrat den Graben und ging zu Ibrahim. Eine Kugel hatte seinen Halsmuskel getroffen. Er blutete stark. Ich fragte Jawad:“ Was ist mit Ibrahim passiert? „Wir hatten mit den Kommandeuren der Armee darüber gesprochen, wie wir den Hügel angreifen sollen. Die Iraker leisteten starken Widerstand. Sie hatten sehr viele Streitkräfte auf und um den Hügel herum verteilt. Jeder unserer Pläne scheiterte. Die Morgengebetszeit war nahe und wir mußten unbedingt etwas unternehmen, aber wir wußten nicht was. Auf einmal kam Ibrahim aus dem Graben und bewegte sich auf den Hügel zu, er stellte sich auf einen großen Stein in Richtung Ghebla! Und mit lauter Stimme rief er den Morgengebetsruf! Egal wie wir schrien, Ibrahim komm herunter, gleich werden dich die Iraker erschießen, es hatte keinen Sinn. Er konnte den Ruf fast zu Ende bringen. Verwundert sah ich, daß die Iraker aufgehört hatten zu feuern! Plötzlich fiel ein Schuß und Ibrahim wurde getroffen. Dann brachten wir ihn zurück!