Das Wunder des Azans

Wir waren auf den Anar-Höhen. Es war schon hell geworden als der Arzt Ibrahims Hals verband. Wir waren mit der Einteilung der Streitkräfte beschäftigt und mit dem Beantworten des Funkgerätes. Plötzlich rannte einer unserer Kameraden mir entgegen und rief:“Hadji, Hadji! Eine Gruppe von Irakern mit hochgehaltenen Händen sind auf dem Weg hierher! Verwundert sagte ich:“ Wo?“. Schnell gingen wir zum Schützengraben gegenüber. Ungefähr zwanzig Personen hatten eine weiße Fahne in der Hand und kamen in unsere Richtung. Ich sagte ohne zu zögern:“ Bewaffnet euch, das könnte eine Falle sein! Doch kurz danach kapitulierten 18 irakische Soldaten, darunter auch ein kommandierender Offizier. Ich freute mich, weil wir hier an unserer Front Iraker gefangen nehmen konnten. Ich dachte bestimmt hatte dieser erfolgreiche Angriff unserer Kameraden die Iraker in Angst und Schrecken versetzt und das hätte dazu geführt, dass sie sich ergaben. Dann brachte ich den Offizier in den Schützengraben und rief einen Kameraden, der arabisch sprechen konnte. Ich fragte wie ein Inspektor:“Wie ist dein Name, dein Grad und deine Aufgabe!“ Er stellte sich vor und sagte:“ Mein Grad ist Major und ich bin Kommandeur der Streitkräfte, die auf dem Hügel und in der Umgebung stationiert waren. Wir sind von der Armee von Basra und  in dieses Gebiet geschickt worden. Ich fragte nach der Anzahl der auf dem Hügel stationierten Soldaten und er antwortete:“ Jetzt gibt es dort niemanden mehr!! Erstaunt fragte  ich:“Niemand!?“ Er antwortete:“ Wir sind gekommen um uns zu ergeben. Die restlichen Truppen habe ich zurück hinter die Front geschickt, die Höhen sind jetzt frei! Ich schaute ihn  erstaunt an und fragte nach dem Grund. Er sagte, weil sie sich nicht ergeben wollten. Meine Verwunderung stieg und dann fragte ich:“ Was bedeutet das?! Anstatt mir eine Antwort zu geben fragte der irakische Offizier auf arabisch:“Wo ist der Moazen (Gebetsrufer)?“ Dieser Satz benötigte keine Übersetzung. Er konnte die Tränen kaum noch zurückhalten begann aber dann trotzdem zu reden, der Dolmetscher übersetzte sofort: „Man hat uns gesagt, daß Ihr „Majus“(unrein) seid und Feueranbeter. Man hat uns ebenfalls gesagt für den Islam greifen wir den Iran an. Glaubt uns, wir sind alle Schiiten. Als wir sahen wie unserer Kommandeure Alkohohl tranken und ihre Gebete nicht verrichteten, zweifelten wir sehr an den Kampf gegen euch für den Islam. Heute morgen als ich den Gebetsruf eures Kameraden hörte, der mit klarer und lauter Stimme den Azan rief, zitterte mein ganzer Körper. Als er den Namen Imam Alis (a.s) nannte, sagte ich zu mir:“Du kämpfst gegen deine eigenen Brüder, nicht das sich das Ereignis in Karabala wiederholt... Sein Schluchzen nahm ihm die Möglichkeit weiter zu reden. Minuten später fuhr er fort:“ Deshalb habe ich mich entschieden mich zu ergeben um die Last meiner Sünden nicht schwerer werden zu lassen. Aus diesem Grund befahl ich, daß nicht gefeuert werden soll. Als das Tageslicht anbrach versammelte ich meine Truppen und sagte, ich möchte mich den Iranern ergeben. Jeder, der möchte kann mit mir kommen. Die Personen, die mit mir kamen sind meine Freunde und meiner Meinung. Die anderen haben sich zurückgezogen. Allerdings habe ich den Soldaten, der in Richtung des Moazen geschossen hat ebenfalls mitgebracht. Wenn Sie es mir befehlen, werde ich ihn hinrichten. Jetzt bitte sage mir, ob er noch lebt? Völlig benommen hörte ich dem irakischen Offizier zu. Ich konnte kaum reden. Nach einem kurzen Schweigen sagte ich:“ Ja, er lebt noch. Wir verließen zusammen den Graben und gingen zu Ibrahim, der in einem anderen Schützengraben lag. Alle 18 irakische Soldaten waren gekommen und küßten Ibrahims Hand. Der letzte warf sich sogar vor seine Füße,er weinte und flehte Ibrahim an ihm zu verzeihen:“Ich habe geschossen.” Mir wären beinahe auch die Tränen gekommen. Ich hatte ein außergewöhnliches Gefühl und achtete nicht mehr auf den Einsatz und auf unsere Truppen. Ich wollte die irakischen Gefangenen zurückschicken, da rief mich der irakische Offizier und sagte:“ Schau auf die andere Seite. Eine Brigade und ein paar Panzer haben die Absicht sich in Bewegung zu setzen. Beeilt euch und besetzt den Hügel“. Sofort schickte ich einige Leute des Andarzgu-Teams dorthin. Mit der Befreiung desselben war die Säuberung des Gebiets Anar vollständig. Doch dann griff die Brigade an, die sich schon in Bewegung gesetzt hatte. Weil wir aber gut vorbereitet waren wurden die meisten ihrer Soldaten getötet und ihr Angriff scheiterte. In den nächsten Tagen verminderte sich, mit Durchführung des Mohammad Rasullollah-Einsatzes in Mariwan, der Druck der irakischen Armee in Gilangharb. Auf jeden Fall konnte der Einsatz Matlael Alfadjr alle seine gesetzten Ziele erreichen. Viele der Gebiete in Iran wurden befreit. Doch leider fielen Offiziere wie Gholam  Ali Pichak, Jamal Tajik und Hassan Balasch in diesem Einsatz und wurden Märtyrer. Ibrahim schloss sich Tage später, nachdem er sich erholt hatte, der Gruppe wieder an. Noch am selben Tag wurde mitgeteilt:“Mit dem Einsatz Matlael Alfadjr ,der mit dem heiligen Code “Ja Mahdi“ durchgeführt wurde, sind 14 Brigaden der Spezialeinheiten der irakischen Armee eliminiert worden. Ungefähr 2ooo Tote und Verletzte und 200 Gefangene waren nur ein Teil der Verluste der irakischen Armee. Ebenfalls wurden  Kriegsflugzeuge des Feindes abgeschossen.

***

Fünf Jahre waren seit dem Matlael Alfadjr-Einsatz vergangen. Es war Winter 1365  und wir waren  bei dem Einsatz „Karabala 5“ in Schalamche. Ein Teil der Organisation der beteiligten Truppen und die Einsatzinformationen war unsere Aufgabe. Aufgrunddessen gingen wir zum Stützpunkt der Badr-Truppe. Abgemacht war, daß die Brigaden dieser Truppe alle arabischer Herkunft und anti Saddam Iraker sind  und für die nächste Phase des Einsatzes entsendet werden sollten. Nach der Besprechung mit den Kommandeuren der Truppe und der Brigaden erledigte ich die nötige Organisation und bereitete mich zum Aufbruch vor. Von weit sah ich einen der Soldaten der Badr-Truppe, der in meine Richtung starrte und sich mir dann näherte! Er begrüßte mich und ich tat dies ebenfalls. Ohne weiteres sagte er mit einem arabischen Dialekt:“ Waren Sie nicht in Gilangharb?“ Verwundert sagte ich:“Ja“. Dann sagte er:“Können Sie sich an den Matlael Alfadjr-Einsatz erinnern? Die Anar-Höhen? Der letzte Hügel?“ Ich grübelte ein wenig und sagte dann:“ Ja und?“. „Kannst du dich an die 18 Iraker, die in Gefangenschaft geraten waren erinnern?“ Erstaunt antwortete ich:“Ja und wer sind Sie?“ Freudig antwortete er:“Ich bin einer von denen!!“ Ich fragte ihn:“Was machst du hier?“ “Alle 18 gehören zu dieser Brigade. Wir sind mit der Gewährleistung Ajatollah Hakims frei gelassen worden. Er kannte uns gut. Abgemacht war, daß wir an die Front gehen und gegen die Baathis kämpfen!“, sagte er weiter. Es war für mich sehr außergewöhnlich. Ich sagte:“ Hervorragend, wo ist euer Kommandeur?“ „Er ist auch hier in dieser Brigade. Jetzt sind wir startbereit, um an die Front zu gehen“, teilte er mit. Ich sagte:“Schreibe den Namen der Mitglieder deiner Brigade und deinen eigenen auf dieses Papier, ich habe es gerade sehr eilig. Nach dem Einsatz komme ich hierhin zurück und dann werden wir uns alle hier sehen. Während er die Namen seiner Kameraden aufschrieb, fragte er:“Wie hieß nochmal euer Moazen? „Ibrahim, Ibrahim Hadi“, antwortete ich. Er sagte:“ Die ganze Zeit wollten wir herausfinden wie er hieß. Wir wollen gerne diesen Gottesmann nocheinmal sehen. Ich schwieg.  Ich war den Tränen nahe. Er hob seinen Kopf und schaute mich an. Ich sagte:“Inschallah werdet  Ihr euch im Paradies wiedersehen!“  Es schmerzte ihn sehr. Er schrieb die Namen auf und gab mir die Liste.  Ich verabschiedete mich sofort und machte mich auf den Weg. Diese unerwartete Begegnung war für mich sehr nachhaltig.Im Monat Esfand 1365 wurde der Einsatz abgeschlossen. Viele der Streitkräfte waren in den Urlaub gefahren. Eines Tages fand ich in meinen Sachen dieses Papier, welches der irakische Basiji der Badr-Truppe mir gegeben hatte. Daraufhin entschloß ich mich die Leute von der Badr-Gruppe zu besuchen. Doch ich mußte feststellen, daß die Gruppe aufgelöst worden war. Ich sagte zu demjenigen, der mir die Nachricht gegeben hatte, daß ich sie sehen will. Er sagte:“ Diese Brigade, von der Sie reden, leistete in Schalamche gegen einen massiven Angriff der irakischen Armee Widerstand. Sie konnten zwar den Irakern große Verluste zufügen, aber keiner von der Brigade ist lebendig zurückgekehrt!“ Alle 18 sind Märtyrer geworden. Ich war fassungslos, saß einfach so da und dachte nach. Was Ibrahim mit einem Azan gemacht hatte! Ein Hügel wurde befreit, ein Einsatz erzielt Erfolg und 18 Menschen sind wie Hor vor der Hölle gerettet worden und ins Paradies gegangen. Im Nachhinein erinnerte ich mich an meinen Satz an den irakischen Soldaten, inschallah seht ihr euch im Paradies wieder. Ungewollt kamen mir die Tränen. Ich hatte keinen Zweifel daran, daß Ibrahim wußte, warum er den Azan dort ausgerufen hat, um die Herzen des Feindes zu erschüttern und diejenigen, die noch ein Spur Glauben im Herzen haben Hilfestellung zu leisten damit diese rechtgeleitet werden.

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